Süsterkirche Gedenkort Neue Wege
Bielefeld
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Gedenktafeln, welche an Täter von Genoziden und Kolonialverbrechen erinnern, finden sich unkommentiert in zahlreichen Kirchen in Deutschland. Auch in der Süsterkirche in Bielefeld finden sich derartige Tafeln. Die Kirchengemeinde wollte dies aber nicht mehr kommentarlos hinnehmen und dem Schweigen vor Verantwortung von Kirche und der eigenen Gemeinde einen anderen Umgang entgegenstellen.
Bis heute nehmen auch Kirchengemeinden eine wichtige Rolle bei der Auseinandersetzung mit der (deutschen) Kolonialvergangenheit ein. Etwa als Ausgangspunkte religiöser Missionierung, aber auch als Orte des Gedenkens an »Opfer« von Kolonialverbrechen. Dabei ist der Opferstatus hier oftmals zweifelhaft, denn es wird häufig an Gefallene erinnert, welche sich an kolonialen Kriegen und Genoziden beteiligten. Oftmals sind derartige Gedenktafeln völlig kontextlos in und an Kirchen zu finden und in der menschenverachtenden „Sprache der Täter“ verfasst. Hier ist es auch Aufgabe der Kirchengemeinden nicht die Augen zu verschließen, weder vor der historischen Schuld noch vor der gegenwärtigen Verantwortung.
Wie ein konstruktiver und selbstkritischer Umgang aussehen kann, zeigt die Gemeinde der Süsterkirche im Zentrum Bielefelds. Im Eingangsbereich der Kirche finden sich zahlreiche Gedenktafeln, welche an koloniale, imperiale oder nationalsozialistische Kriege erinnern und dabei die Täter oftmals zu Opfern oder Helden machen, während die tatsächlichen Opfer* im Unsichtbaren verbleiben und somit ein weiteres Mal ausgelöscht werden. Eine Gedenktafel in der Süsterkirche verweist auf den Genozid an den Nama und Ovaherero, welcher zwischen 1904 und 1908 im heutigen Namibia begangen wurde. Allerdings bleibt die Ermordung mehrerer 10 000 Menschen durch das deutsche Kaiserreich auf der Gedenktafel völlig unerwähnt, benannt wird lediglich ein aus Bielefeld stammender Soldat.
Diese Verantwortungslosigkeit wollte die Kirchengemeinde nicht fortsetzen und hat eine künstlerische Möglichkeit gefunden, um die Opfer* aus ihrer Unsichtbarkeit, den Umgang mit kolonialer Verantwortung aus der Gleichgültigkeit und die Täter aus ihrer Verehrung zu holen. Diese Neuaneignung der eigenen und kolonialen Vergangenheit verleugnet das begangene Unrecht nicht, aber es will sich auch nicht zu einem Teil (post-)kolonialer Kontinuität machen, sondern darauf verweisen, dass Erinnern nicht nur eine Aneignung der Vergangenheit bedeutet, sondern auch einer Auseinandersetzung in der Gegenwart bedarf. Inwieweit das Vorgehen (in) der Süsterkirche die kolonialen Kontinuitäten durchbricht, indem eine kontinuierliche Auseinandersetzung angeregt wird, erkunden mehrere Jugendgruppen aus unterschiedlichen Seminaren.
Gemeinsam Geschichte Entdecken:
Kolonialismus in OWL – Ein Bildungsprojekt für Schulen
Helfen Sie uns, die verborgenen Kapitel unserer Geschichte zu enthüllen und das Bewusstsein für die koloniale Vergangenheit Ostwestfalen-Lippes zu schärfen. Mit unserem Projekt möchten wir Schulen die Möglichkeit bieten, tiefere Einblicke in die Nachwirkungen des Kolonialismus zu gewinnen und diese Erkenntnisse in den Unterricht zu integrieren. Nutzen Sie diese Chance, um Ihre Schüler für ein wichtiges und aktuelles Thema zu sensibilisieren.