Über das Projekt
In unserem Projekt »Decolonize OWL« setzen wir uns in mehrtägigen Seminaren mit kolonialer Vergangenheit und Kontinuität, aber auch mit gegenwärtigen Identitäten und Lebensweisen auseinander. In diesen politischen Bildungsseminaren untersuchen wir gemeinsam (regionale) koloniale Spuren, hinterfragen bestehende Formen des Erinnerns und Gedenkens, problematisieren gegenwärtige Rassismen und vermitteln Geschichte nicht nur als etwas passiv Erlebbares, sondern als etwas aktiv zu Gestaltendes.
Das Projekt beginnt mit der Frage, wie wir mit kolonialen Kontinuitäten umgehen wollen: ignorieren, problematisieren, inszenieren, politisieren? Wir wollen keinen Umgang vorgeben, gleichwohl vermitteln wir in unseren Seminaren eine klare demokratische Haltung, welche jegliche Form der Ausgrenzung und Marginalisierung problematisiert. Davon ausgehend wollen wir uns gemeinsam mit Menschen in OWL der Frage widmen, weshalb eine Auseinandersetzung mit dem Thema so wichtig ist und warum es trotzdem oftmals nicht dazu kommt. An diesem Punkt wollen wir aber nicht stehenbleiben, sondern gemeinsam Orte in OWL besuchen, die einen starken Bezug zur kolonialen Vergangenheit und auch Gewalt aufweisen und uns diese Orte auf vielfältige Weise neu aneignen.
Mit den Teilnehmenden wollen wir uns dazu mit gegenwärtigen Formen von Rassismus und globaler Ungleichheit beschäftigen und neuerliche Antworten auf die Frage suchen, was koloniale Vergangenheit und gegenwärtige Lebensweise miteinander zu tun haben. Wir besuchen Orte in OWL, die koloniale Spuren in sich tragen und wollen der Frage nachgehen, wie wir mit diesen Orten zukünftig umgehen können.
Im Zentrum steht dabei, dass sich die Seminarteilnehmenden das vermeintlich Vergangene selbst aneignen – in Form von Video- oder Podcast-Projekten – und dabei ein doppelter Transfer in die Gegenwart geschieht:
Erstens, indem die Teilnehmenden koloniale Spuren in ihren Wohnorten besuchen und sich in ihrem Medienprojekt mit diesen Spuren auseinandersetzen. Dabei entdecken sie, dass diese vergessene Vergangenheit weder vergangen noch unsichtbar ist, sondern schlichtweg ignoriert und ausgeblendet wurde und dies oftmals immer noch wird. Es mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, aber manche Zustände oder Verhältnisse gewinnen gerade aufgrund ihrer vordergründigen Unsichtbarkeit und Abwesenheit an Wirkmacht. Wenn Statuen etwa Bismarck gewidmet sind und Straßennamen auf Joachim Nettelbeck oder Karl Peters verweisen, dann wird darin dieses Zusammenspiel aus Ohn-/Macht und Un-/Sichtbarkeit deutlich. Die Sichtbarkeit dieser Männer im Stadtbild ist das eine, die Unsichtbarkeit ihrer brutalen und menschenfeindlichen Taten und Ideologien, insbesondere in Hinsicht auf Kolonialverbrechen, aber auch die Unsichtbarkeit der Menschen, welche von diesen Taten betroffen waren, sind jedoch das Entscheidende. Über wen spricht man, wem schenkt man Aufmerksamkeit, wen erkennt man als Teil der eigenen Geschichte an und was wird zu einer identitätsstiftenden Selbstverständlichkeit? Weshalb wird etwa im Bielefeld der 1960er Jahre ein brutaler Kolonialverbrecher zum Namensgeber einer Straße und weshalb wehren sich 60 Jahre später immer noch Anwohner*innen gegen eine Umbenennung?
Dies verdeutlicht die zweite Dimension des Gegenwartstransfers. Es geht nicht nur darum, mit den von den Teilnehmenden erstellten Videos und Podcasts den übersehnen und verdrängten Spuren neue Aufmerksamkeit und Ausdruck zu schenken, sondern sich auch die politischen Folgen von Verdrängung, Ausgrenzung und Marginalisierung zu vergegenwärtigen. Es handelt sich nicht nur um die Unsichtbarkeit einer bestimmten Geschichte, sondern um eine andauernde Unsichtbarkeit, eine Kontinuität des Wegschauens, der Gleichgültigkeit und der Diskriminierung. Wenn sich Anwohner*innen im Jahr 2021 erfolgreich gegen eine Straßenumbenennung wehren (und es stattdessen nur zu einer Umwidmung kommt), dann geht es eben nicht nur um ein passives Hinnehmen einer historischen Entscheidung der 1960er Jahre, sondern es handelt sich um einen aktiven politischen Akt. Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit sind keine Zufälligkeiten der Geschichte, sondern Ausdruck davon, was eine Gesellschaft (und die Menschen in ihr) hinnimmt und zulässt oder auch einfordert und erwartet. Das Ignorieren von Spuren kolonialer Verbrechen verweist somit auch auf die Sensibilität gegenüber gegenwärtigen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung. Auf wen oder was berufen ›wir‹ ›uns‹ also, wenn ›wir ›unsere Demokratie‹ erinnerungspolitisch identifizieren? Diese Frage gilt es nicht nur aktiver zu diskutieren, sondern im Rahmen einer wehrhaften Demokratie auch offensiver gegen demokratiefeindliche Akteur*innen und Denkweisen abzugrenzen.
Das Team
Fatma
(sie/ihr)
Velican
(keine Pronomen)
Corinna
(sie/ihr)
Lena
(sie/ihr)
Ann
(keine Pronomen)
Lara
(sie/ihr)
Jan
(er/ihn)
Steffen
(er/ihn)
Gemeinsam Geschichte Entdecken:
Kolonialismus in OWL – Ein Bildungsprojekt für Schulen
Helfen Sie uns, die verborgenen Kapitel unserer Geschichte zu enthüllen und das Bewusstsein für die koloniale Vergangenheit Ostwestfalen-Lippes zu schärfen. Mit unserem Projekt möchten wir Schulen die Möglichkeit bieten, tiefere Einblicke in die Nachwirkungen des Kolonialismus zu gewinnen und diese Erkenntnisse in den Unterricht zu integrieren. Nutzen Sie diese Chance, um Ihre Schüler für ein wichtiges und aktuelles Thema zu sensibilisieren.